
Nach drei Jahren coronabedingter Pause fand am Donnerstag, 14. Juli 2022, die neue Ausgabe des Unternehmerforums der VR Bank Ravensburg-Weingarten eG und der SPK Gruppe statt. Rund 150 Gäste aus unterschiedlichsten Branchen fanden sich bei hochsommerlichen Temperaturen in den klimatisierten Veranstaltungsräumlichkeiten der Bank ein, um den Vorträgen von Dr. Andreas Thiel-Böhm (Geschäftsführer TWS) und Wolfgang Grupp (Geschäftsführer TRIGEMA) zu lauschen und sich anschließend untereinander auszutauschen. Auf die gewohnt humorvolle Begrüßung durch Arnold Miller, Vorstandssprecher der VR Bank Ravensburg-Weingarten eG, und Daniel Milz, SPK Gruppe, folgten zwei sehr unterschiedliche Vorträge, die sich doch in ihrer Kernbotschaft glichen: Es gilt, sich auf die eigene Stärke zu besinnen und persönliche Verantwortung zu übernehmen.

In seinem Vortrag zum Thema „Wege aus der Krise – aktuelles aus der Energiebranche“ veranschaulichte Dr. Andreas Thiel-Böhm, wie Deutschland durch verschiedene politische Entscheidungen in den vergangenen Jahren seine eigene Stärke im Bereich der Energieversorgung aufgegeben und sich in ein Abhängigkeitsverhältnis mit Russland begeben hat. Eine Entwicklung, die sich nun als fatal herausgestellt hat. Lassen sich Rohstoffe wie Kohle und Öl noch eher einfach aus anderen Ländern beziehen, ist dies beim Erdgas nicht der Fall. Aktuell bezieht Deutschland rund 60% seines Erdgases über Pipelines aus Russland. Die nötigen Anlagen, sogenannte LNG-Terminals, um das Pipelinegas aus Russland durch mit dem Schiff transportierbares Flüssiggas aus anderen Ländern zu ersetzen, sind nicht vorhanden und müssen nun unter Hochdruck gebaut sowie bestehende Anlagen im Ausland genutzt werden.
Anhand verschiedener Diagramme und Grafiken veranschaulichte Dr. Thiel-Böhm in seinem Vortrag, wie eine langfristige Energiewende in Deutschland gelingen und der Energiemix der Zukunft aussehen kann. Dabei machte er aber auch deutlich: Am Energiesparen führt kein Weg vorbei. Das Thema Energiesparen ist aber kein Thema, das Deutschland nur langfristig beschäftigt. Die unsichere Versorgungslage mit Erdgas wird das Land in diesem Winter vor große Herausforderungen stellen. Dass es möglich ist, diese Herausforderungen zu meistern, ist sich Dr. Thiel-Böhm sicher. Doch dies setzt die Vernunft und den individuellen Einsatz jedes Einzelnen voraus. Um Krisen wie der aktuelle Energiekrise in Zukunft vorzubeugen, gilt es, sich nicht mehr nur von einem großen Energielieferanten abhängig zu machen, sondern so viel Energie wie möglich selbst zu erzeugen und sich auf die eigene Stärke zu verlassen.

Auf die eigene Stärke verlässt sich auch der zweite Redner des Abends seit vielen Jahren. Wolfgang Grupp ist Geschäftsführer der Textilfirma TRIGEMA – eines Unternehmens, das einer in Deutschland quasi ausgestorbenen Branche angehört. Dennoch hat die Firma es geschafft, einen eigentlich ungeeigneten Standort zu ihrer größten Stärke zu machen. Denn um sich in einem Hochlohnland zu behaupten, müsse man Produkte produzieren die andere wollen, und keine Produkte, die andere billiger herstellen können, erklärte Wolfgang Grupp den Erfolg seines Unternehmens. Und diese Produkte stellt der Familienbetrieb von der Schwäbischen Alb so gut wie autark her, was sich mit Hinblick auf die Ereignisse der letzten Monate als große Stärke herausgestellt hat. Das Unternehmen kauft Garn ein, welches dann als fertiges Produkt das Werk verlässt – mit einer Wertschöpfung von rund 80%. Aufgrund der hohen Lagerkapazitäten kann das Unternehmen langfristig planen und ist auch von Lieferengpässen nicht direkt betroffen.
Aber auch TRIGEMA hat mit den steigenden Energiepreisen zu kämpfen, denn in diesem Bereich ist das Unternehmen leider noch nicht autark. Lagen die Gaskosten im Jahr 2020 noch bei rund 100.000 € pro Monat, beliefen sie sich in 2021 bereits auf rund 200.000 €, was im Vergleich zu jetzt aber noch gering war: Mittlerweile beträgt die monatliche Gasrechnung zwischen 500.000 € und 600.000 € – Tendenz steigend. Wie lange die Firma, die seit vielen Jahren auf fremde Kredite verzichtet, diese Belastung tragen kann, ist fraglich.

Die Verantwortung, das Unternehmen auch durch schwierige Zeiten zu bringen, sieht Wolfgang Grupp zu 100% bei sich selbst. Wenn TRIGEMA ein Problem habe, könne es nur einen Schuldigen geben, und das sei er selbst. Diese Einstellung und der Wille, persönlich Verantwortung für ein Unternehmen zu übernehmen, fehle bei vielen Geschäftsfüherinnen und Geschäftsführern. Dass persönlich Haftende die vernünftigeren Entscheidungen treffen, ist er sich sicher.
Mit seinen oftmals extrem anmutenden Ansichten und Führungsgrundsätzen polarisiert Wolfgang Grupp. Diese sind sicherlich nicht auf jedes Unternehmen anwendbar, regten aber zum Nachdenken an. Durch viele unterhaltsamen Anekdoten schaffte er es, das Publikum zu fesseln und erntete viele Lacher und Applaus.
Dass die beiden Vorträge bei den Zuhörenden nachwirkten, zeigte sich auch beim anschließenden Imbiss auf der Dachterrasse der Bank. Die Gäste tauschten sich angeregt über das eben Gehörte aus und nutzten die Möglichkeit, sich mit anderen Unternehmerinnen und Unternehmern zu unterhalten.
Wir freuen uns, dass die Veranstaltung so gut angenommen wurde und bedanken uns herzlich bei unseren Referenten für ihren Beitrag zu diesem gelungenen Abend!